Das steckt hinter dem Hype um die GameStop-Aktie (2024)

Aktien-Hype Das steckt hinter dem Hype um die GameStop-Aktie

Das steckt hinter dem Hype um die GameStop-Aktie (1)

Der Aktienkurs der taumelnden Computerspiele-Ladenkette GameStop geht seit Mitte Januar durch die Decke. Hinter der Rally stehen die Nutzer eines Internetforums, die damit eine Reihe von Profi-Investoren ausquetschen wie Zitronen

GameStop dürfte bis vor kurzem zwar vielen Computerspiele-Fans, aber nur wenigen Anlegern ein Begriff gewesen sein. Das US-Unternehmen mit dem Börsenticker-Kürzel GME verkauft PC-Games und andere Elektronik. Auch in Deutschland unterhält es mehrere Filialen, meist in Einkaufszentren wie dem Oberhausener „Centro“ oder den City-Arkaden in Wuppertal. Weil Zocker ihre Spiele inzwischen eher im Internet bestellen oder direkt dort spielen, läuft es für GameStop bereits seit längerer Zeit alles andere als gut. Unter Börsianern gilt das Unternehmen als Pleitekandidat, entsprechend tief lag zuletzt sein Aktienkurs. Jedenfalls bis Anfang Januar.

Seitdem ist der Preis der GameStop-Aktie in die Höhe geschossen. Von umgerechnet rund 14 Euro am 4. Januar stieg er auf 285 Euro am Mittwochmittag (27. Januar). Das entspricht einem Plus von fast 2000 Prozent. Die GME-Rally ist einer der bizarrsten Börsen-Hypes seit langem. Hinter dem Kursfeuerwerk stecken nämlich nahezu keine fundamentalen Gründe. Sondern zwei Millionen Reddit-Nutzer mit einer Abneigung gegen Shortseller.

Die User des Reddit-Forums WallStreetBets (Selbstbeschreibung: „Like 4chan found a Bloomberg Terminal“) verabreden sich seit Jahren immer wieder dazu, die Kurse einzelner Aktien in die Höhe zu treiben. Weil es Spaß macht, die Märkte zu bewegen. Weil man damit im Erfolgsfall hohe Renditen erzielen kann. Und auch, weil sich so andere Investoren ärgern lassen. Häufig nehmen sich die rund zwei Millionen Mitglieder des Forums – oder zumindest ein Teil davon – Aktien vor, die einen hohen Short Float haben, bei denen also ein großer Anteil der Aktien am Markt leerverkauft ist. Denn die WallStreetBets-Community mag keine Anlageprofis, die auf fallende Aktienkurse spekulieren.

Man kann bei GameStop ein seltenes Zusammenspiel aus einem Short Squeeze, fundamentalen Neuigkeiten und einer Armee von Tradern beobachten
Steve Sosnick

Die GameStop-Aktie dürfte aus genau diesem Grund ins Visier der Reddit-User geraten sein. Sie hatte zuletzt einen außergewöhnlich hohen Short Float von rund 140 Prozent. Das heißt: Spekulanten hatten deutlich mehr GameStop-Aktien leerverkauft, als es überhaupt auf dem Markt gibt. Die Community stieg also ein und begann, GME zu kaufen. Und setzte damit eine Spirale in Gang, die den Kurs in schwindelerregende Höhen trieb.

Bei einem Leerverkauf, auch als Short Selling bezeichnet, leihen sich Investoren Aktien eines Unternehmens und verkaufen sie, in der Annahme, sie später zu einem niedrigeren Preis zurückkaufen zu können. Steigt der Kurs, haben Shortseller ein Problem: Statt Gewinn zu machen, müssen sie Verluste realisieren. Sind nicht genügend Aktien in Umlauf, dass alle Leerverkäufer ihre Positionen glattstellen, also die geliehenen Aktien zurückgeben können, kann der Aktienkurs theoretisch unbegrenzt weiter steigen. Bei anziehenden Kursen kommt es deshalb vor, dass viele Leerverkäufer gleichzeitig eine Aktie zurückkaufen, um ihre Verluste zu begrenzen. So treiben sie den Kurs noch weiter in die Höhe, die Verluste für andere Shortseller steigen, ein Dominoeffekt setzt ein. Im Fachjargon spricht man von einem Short Squeeze. Genau das passierte im Fall von GameStop.

Angestoßen wurde die Rally von realen News. Der Investor Ryan Cohen, einer der größten Anteilseigner von GameStop, übernahm am 11. Januar einen Sitz im Verwaltungsrat des Computerspiele-Händlers und installierte dort zwei seiner langjährigen Weggefährten. Cohen ist überzeugt, dass sich GameStop durch einen massiven Ausbau des Online-Geschäfts noch retten lässt. Sein neu erworbener Einfluss auf Führungsebene gab dem Aktienkurs des Unternehmens nach monatelanger Flaute einen Kick. Dann stiegen die Reddit-User ein, und aus dem Kick wurde ein Senkrechtstart in Richtung Stratosphäre. „Man kann bei GameStop ein seltenes Zusammenspiel aus einem Short Squeeze, fundamentalen Neuigkeiten und einer Armee von Tradern beobachten“, kommentierte der Anlagestratege Steve Sosnick gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Hype um GameStop bei Robinhood

Viele Mitglieder der WallStreetBets-Community handeln einem Administrator zufolge über die Trading-App Robinhood. Die macht das Investieren mit bunter Optik und digitaler Konfettikanone zum Spiel. Den Reddit-Usern dürfte das gefallen. In den Threads rund um GME hagelt es Emojis: Diamanten, Raketen, Monde, Regenbögen mit Töpfen voll Gold. Die User stacheln sich gegenseitig immer weiter an, wollen den Kurs auf 1000 US-Dollar treiben. Manche Nutzer haben mittlerweile all ihr Geld in die GameStop-Aktie gesteckt. „Ich verkaufe nicht, frühestens bei 1000 Dollar! Schnallt euch verdammt nochmal an!“ heißt es dort in Großbuchstaben. Oder: „Kauft Aktien. Blutet die Shortseller aus. Haltet die Stellung.“ Oder auch: „Das hier ist wie der Zweite Weltkrieg, nur dass wir nicht die Deutschen bekämpfen, sondern Hedgefonds und Andrew Left.“

Angesichts solcher Kriegsrhetorik ist es kaum verwunderlich, dass das Tauziehen zwischen Kleinanleger und Shortsellern inzwischen eine hässliche Komponente bekommen hat. Andrew Left ist Leerverkäufer und Chef des Börsenbriefs Citron Research. Er hatte Mitte Januar prophezeit, dass die GameStop-Aktie fallen würde, und vom Kauf abgeraten. Das Ergebnis: Ein „wütender Mob“ habe das Twitter-Konto von Citron Research attackiert, Pizza zu Lefts Haus bestellt, ihn beim Dating-Portal Tinder angemeldet und nicht einmal vor Drohungen gegen Kinder Halt gemacht. Left erklärte vergangene Woche in einem offenen Brief, keine Analysen zu GameStop mehr zu veröffentlichen.

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